Wenn zur Zeit groovige, funkige Beats aus dem Radio dröhnen, man kaum noch still sitzen kann und sich eher wippend fortbewegt, ist es wahrscheinlich „Uptown Funk“, die erste Single aus Mark Ronsons‘ neuem Album „Uptown Special“, das diesen Freitag bei uns erscheint. Der Grammy- und Brit Award-Gewinner, der schon mit Pop-Größen wie Robbie Williams, Adele, Duran Duran und vor allem Amy Winehouse gearbeitet hat, holte sich dieses Mal Bruno Mars ans Mikro und landet seinen ersten Nummer 1 Hit, nicht nur in den UK, mittlerweile ist der Song sogar Billboard No. 1. „Uptown Funk“ ist der perfekte Auftakt für ein Album, das in bester Manier an Bands wie Earth Wind And Fire und Sugarhill Gang erinnert. Dabei klingt es aber keines Wegs old school sondern ist eins der progressivsten Alben, die Ronson bisher produziert hat. Für die coolen, sexy R ‘n B- und Funk-Vibes, holte sich Ronsen neben Bruno Mars Musiker wie Stevie Wonder, Mystikal, Kevin Parker von Tame Impala oder den Bowie Gitaristen Carlos Alomar ins Studio.
Ich treffe den Super-Producer in seinem Berliner Hotelzimmer, um mit ihm über „Uptown Special“ zu sprechen, sein erstes Album seit 2010. Die Tür geht auf und die ersten Zeilen aus dem Song „Uptown Funk“ werden zur Realität in der Person von Mark Ronson: “Got Chucks on with Saint Laurent / Got kiss myself I’m so pretty / I’m too hot (hot damn)”. Als hätte er sich die Zeilen auf den eigenen Leib schreiben lassen. In der Tat trägt er Totenkopf-Ananas-Sneaker von Saint Laurent und ja, er ist pretty und hot. Mit einem scheinbar angeborenen Style und unglaublicher Lässigkeit sitzt er Zahnstocher kauend vor mir im Sessel. Auf meine Bemerkung „oh, those are the famous toothpicks“ bietet er mir lächelnd einen an. Da mir aber schleierhaft ist, wie man damit auch nur annährend so cool aussehen kann wie er, lehne ich dankend ab. Nachdem dann auch sein Handy mit Strom versorgt ist, kann es losgehen.
Herzlichen Glückwunsch Mark, zu Deiner ersten Nummer 1. Wie fühlt sich das für Dich an?
Es ist Wahnsinn! Ich hätte niemals gedacht, dass ich eine Nummer 1 haben werde. Es bedeutet mir Alles und Nichts. Ich bin einfach nicht gut darin, mich zurück zu lehnen und den Erfolg einfach mal ein bisschen zu genießen. Zum einen denke ich schon wieder über das nächste Projekt nach. Zum anderen hängt es auch damit zusammen, wie die Dinge funktionieren. Du bist gerade mal für fünf Minuten Nummer 1 und wirst schon wieder von allen Seiten gefragt: „Oh, glaubst du das schaffst du nächste Woche auch noch?“ Das ist absurd, du hast gar keine Zeit den Moment so richtig wahrzunehmen. Zumal ist es das Größte, was mir je passiert ist. Ich hätte niemals gedacht, dass ich das schaffe. Es ist verrückt, da ich noch nie als Producer in den UK auf 1 war, noch nicht mal mit Amy Winehouse. „Rehab“, „Valerie“, „Stop Me“, „Locked Out of Heaven“, alle Songs waren maximal auf Platz 2. Daher habe ich wahrscheinlich auch eher das Gefühl, es passiert gerade einem Freund und gar nicht mir selbst. Ich habe mindestens 100 Gründe warum ich das gar nicht verdient habe. Manchmal denke ich, klar ist der Song Nummer 1 aber doch nur weil Bruno das singt. So funktioniere ich leider, ich bin nicht gut darin die Dinge so zu nehmen wie sie sind und mich darüber zu freuen. Ich hinterfrage immer. Ich wünschte, ich würde das besser hin bekommen.
Das ist interessant, denn eigentlich denkt man, du bist an Erfolg gewöhnt.
Na ja, für mich kommen die Dinge eher sporadisch. Mein letztes Album „Record Collection“ hat trotz der Songs „Bang Bang Bang“ und „Somebody To Love Me“ – die ich persönlich sehr mag – nicht besonders eingeschlagen. Dadurch hatte ich das Gefühl, ich bin abgemeldet. Es waren eher meine Producer Kumpels, die die Anrufe bekommen haben, um den nächsten coolen Track zu produzieren. Ich habe das neue Album nicht mit dem Hintergedanken gemacht, dass ich es jetzt allen zeigen muss, die mich nicht mehr auf dem Schirm haben. Im Studio war mir aber trotzdem klar, dass ich das beste Album machen muss, was ich jemals gemacht habe. Einfach um das Interesse wieder zu wecken, da so mancher schon gar nicht mehr auf mich zählt und Platten heutzutage nicht mehr so einfach gekauft werden. Wenn Du heutzutage eine Platte machst, musst Du den Leuten das Gefühl geben, es gibt einen triftigen Grund das ganze Album zu kaufen und nicht nur die drei Lieblings-Songs. Bands wie zum Beispiel Arcade Fire machen das absolut großartig -man hat immer das Gefühl, dass ganze Album ist ein Konzept, das nur im ganzen richtig funktioniert. Ich wollte mit „Uptown Special“ einfach ein gutes, zusammenhängendes Album machen, ich bin nicht der Typ, der besondere Erwartungen an den Erfolg hat.
War es schwierig, Bruno Mars für die Aufnahmen zu erwischen?
Ich habe gehört, er war auf Tour und du bist ihm sogar hinterher geflogen.
Wie wir angefangen haben, Bruno an den Drums, Jeff Bhasker mein Co-Producer an den Keyboards und ich an der Gitarre, saßen wir bei der ersten Session in Brunos‘ Studio. Wir haben den ersten Teil geschrieben und es hat sich super angefühlt. Wir hatten einen ziemlich guten Groove. Häufig, wenn man dann wieder zusammen sitzt, um den Song fertig zu machen, bekommt man nicht mehr dieses Gefühl zurück, diese Magie die man ursprünglich hatte. Dieser Song, der sich am Anfang wie eine ganz sichere Sache angefühlt hat, kommt auf einmal ins Stocken und man bekommt ihn nicht mehr rund. Ganz eigenartig. Wir wurden langsam alle etwas genervt, da wir einfach nicht mehr an den Punkt anknüpfen konnten, wo wir aufgehört haben. Wir haben das gespürt, irgendwie sind wir nicht mehr zu der ursprünglichen Magie zurückgekommen. Bruno ist dann auf Tour gegangen und wir haben uns an verschiedenen Orten immer wieder getroffen um weiter zu arbeiten. Er kam bei mir vorbei wenn er in London war oder ich bin nach LA geflogen. Für ein paar Tage kam Bruno nach Memphis zum Aufnehmen, wo ich mit Jeff an dem Album gearbeitet habe. Irgendwann kam Bruno dann mit dieser Bass-Line (summt: „dubduudub dubduudub“) und plötzlich war die Verbindung zu dem ganzen Song da. Es ist ein Funk-Song und der Unterschied zwischen Funk, Disco und R’n B ist, dass Funk keinen Chorus hat, der Chorus ist vielmehr ein Instrument. Die Bass-Line war der Durchbruch für den Song.
Stimmt es, dass du vor lauter Stress während der Aufnahmen umgekippt bis?
Ja, es war einfach wahnsinnig viel Druck. Ich hatte den größten Teil meines Albums fertig gestellt und wir waren gerade dabei „Uptown Funk“ fertig zu produzieren. Mir war klar, dieser Song wird den Unterschied machen, ob ich gerade mal 5 Stück des Albums verkaufe oder ob sich die Leute wirklich interessieren. Es war ein total verrückter Abend im Studio. Als ich dabei war die Gitarre fertig einzuspielen, ist plötzlich der Monitor für die Computer explodiert und hat Feuer gefangen. Wir mussten daher das analoge Aufnahmegerät verwenden, damit dauert alles ewig. Du musst den Take mit einem Mal perfekt einspielen, da kannst Du nichts mehr im Nachhinein verbessern. Ich hatte schon ungefähr 50 Mal die Gitarre eingespielt. Jeff hat mich immer wieder angetrieben „Mach’s noch mal, es geht noch besser“. Am nächsten Tag dann sind wir raus zum Lunch. Ich hatte immer noch nicht den perfekten Take. Jeff und ich versuchten uns den Stress nicht anmerken zu lassen, plötzlich fragte er mich: „Hey Dude, ist mit dir alles in Ordnung, was ist mit Deinem Gesicht?“ Ich schaute in einen Spiegel und war total blass. In diesem Moment musste ich mich übergeben und wurde ohnmächtig. Diese anderthalb Jahre Arbeit an der Platte und dieser Druck den Song fertig zu bekommen brachen in dem Moment über mich hinein. Zwei Tage später ging es aber schon wieder, ich bin dann nach Toronto geflogen und habe mit Bruno die Gitarre und den Bass aufgenommen. Auf einmal ging alles ganz leicht, fast wie von selbst.
Join me on my Rock ’n Roll journey,
Kate Roch
Fotos: Kate Rock, Krists Luhaers
Original Interview erschienen auf FastForward Magazine (20.01.2015)
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